Verschiffung - Teil 1

21. March 2018

Anders als wahrscheinlich viele Blogleser vermuten würden, ist es nicht möglich mit dem Fahrzeug von Panama direkt nach Kolumbien zu fahren. Denn dazwischen liegt das Darién Gap. Es ist eine Unterbrechung der Panamerikanischen Autobahn zwischen Yaviza, Panama und der kolumbianischen Grenze. Dort befindet sich dichter Dschungel, grosse Sumpfgebiete und bergige Regenwälder. Ohne Machete, viel Zeit und einem Schlauchboot führt kein Weg an einer Verschiffung vorbei. Oft verschiffen Overlander ihr Fahrzeug mit einen Frachtschiff von Colon (Panama) nach Cartagena (Kolumbien). Dies ist wohl für alle Reisende eine nicht ganz alltägliche Sache.
Es gibt mehrere Optionen sein Fahrzeug mit dem Frachtschiff zu transportieren. In den häufigsten Fällen entscheidet man sich zwischen RoRo (Roll on, Roll off) oder einem Container. Am sichersten ist es einen 40 Fuss Container zu mieten und diesen dann mit einem anderen Reisenden zu teilen. So können die Kosten halbiert werden. Bei einem Container belaufen sich Verschiffungskosten auf ca. USD 1050 je Partei.

Wir haben jedoch in El Salvador ein Pärchen getroffen, das ihr Fahrzeug zum gleichen Zeitpunkt nach Kolumbien verschiffen wollte wie wir. Einfachheitshalber haben wir uns mit ihnen zusammen getan. Ihr Fahrzeug ist jedoch viel zu hoch für einen Container, weshalb wird unseren Van nun auf einem Flatrack verschiffen. Diese Variante ist in der Gesamtsumme deutlich teurer und bietet auch etwas weniger Sicherheit als ein Container, da das Flatrack auf beiden Seiten offen ist und die Fahrzeuge von den Hafenmitarbeitern auf das Rack gefahren werden müssen. Es soll, so besagen es zumindest Erfahrungsberichte, unter den Hafenarbeitern auch einige Langfinger geben. Alles was nicht niet- und nagelfest ist oder einen gewissen Wert hat aber nicht abgeschlossen werden kann, musste also aus dem Fahrzeug entfernt werden. Wir konnten uns mit den Franzosen darauf einigen, dass wir nicht viel mehr zahlen müssen als uns eine Container Verschiffung kosten würde. Und da sie sich dazu bereit erklärt hatten die Organisation dafür zu übernehmen, war dies für uns eine gute Lösung.

Aufgrund des eher komplexen Verschiffungsprozesses und unseren leider immer noch ungenügenden Spanisch Kenntnissen, haben wir uns bald einmal einen Agenten gesucht, der uns während dem ganzen Prozess unterstützen wird. In all den uns bekannten Foren und Webseiten kursiert lustigerweise immer der gleiche Name. Boris. Und so heisst denn auch unser Agent Boris. Zugegeben: anfangs waren wir etwas unsicher, wie professionell das ganze schlussendlich ablaufen würde. Der Whatsapp Chat mit ihm war gespickt mit fehlerhaften Angaben, Unklarheiten und unbeantworteten Fragen. Aber bekanntlich stirbt die Hoffnung ja zuletzt.

Am Samstag, 10. März trafen wir nach einer unglaublich langen und anstrengenden Fahrt bei weit über 30 Grad Aussentemperatur (ohne AC dafür mit offenen Fenstern) in Panama City ein. Doch an ausruhen war vorerst nicht zu denken. Marc musste im Hospital Pacific Salud in die Notaufnahme. Er leidet immer noch an den Folgen der schweren Lebensmittelvergiftung, die wir uns in Mexiko zugezogen haben. Wie wir bereits vermutet hatten, musste
ein Spezialist her. D.h. erstmal bis Montagmorgen warten und hoffen in den nächsten vier Tagen noch einen Termin zu erhalten.

Am Sonntag haben wir den Van für die Verschiffung bereit gemacht. Eigentlich sollte Douglas auch noch eine wohlverdiente Reinigung erhalten. Obwohl wir beim Car Wash gleich um die Ecke einen Termin vereinbart hatten, wollte der zuständige Mitarbeiter nun doch früher nach Hause. Es blieb uns also nichts anderes übrig als den Waschtermin — deutlich genervt — auf den Montag zu verschieben.

Am Montagmorgen stand dann die Fahrzeuginspektion bei der örtlichen Polizei (DIJ) an. Um 5.30 Uhr musste Mathias bereits raus aus den Federn und zum DIJ. Seine Stimmung war auf dem absoluten Tiefpunkt angelangt. Denn er hatte am Abend zuvor herausgefunden, dass es nicht wirklich einen Unterschied aus macht, ob man als Erster aufkreuzt oder als 20. Unser Agent hatte uns jedoch instruiert um 6 Uhr dort zu sein und wir hielten uns ganz schweizerisch daran. Beim DIJ angekommen hiess es erstmal ein Ticket ziehen und auf die Beamten warten. Denn diese beginnen ihren Arbeitstag erst um 8 Uhr. Um 9 Uhr war der ganze Spuck auch schon vorbei. Um 14 Uhr gleichentags konnten wir das offizielle Dokument bei der Polizei abholen gehen. Nachdem wir das Temporary Importation Permit (TIP), DIJ Inspection Dokument, Fahrzeug Titel, Versicherungsnachweis sowie unseren Pass je fünf mal kopiert hatten, waren wir bereit für Colon.

Glücklicherweise erhielt Marc noch einen Termin beim Spezialisten für am späteren Abend. Dies war gar nicht so einfach, denn am Dienstag mussten wir mit dem Van nach Colon und am Donnerstagmorgen flogen wir bereits nach Bogota (Kolumbien). Ein weiteres Mal fuhren wir quer durch die Stadt. Panama City hat so viel Verkehr, dass man kaum vorwärts kommt (2.5km im Feierabendverkehr = 45min Fahr- resp. Stehzeit). Und überall wird gehupt. Nicht selten fahren auf zwei Fahrbahnen drei Autos nebeneinander. Hier ist Häuptling wachsames Auge gefragt. Nach der Sprechstunde war klar - wir haben einen weiteren Termin: Mittwochmorgen 6.30 Uhr - Endoskopie.

Die Nacht von Montag auf Dienstag verbrachten wir mit den Franzosen auf dem Parkplatz eines Hostels nahe der Autobahn, damit wir am Dienstagmorgen zusammen nach Colon fahren konnten. Ein weiteres Mal mussten wir um 6 Uhr früh aufstehen. Kaum aufgestanden traf auch schon die Hiobsbotschaft ein. In Colon herrschten Unruhen, Demonstrationen und Plünderungen. Im Fernsehen liefen entsprechende Live Aufnahmen. Toll! So hiess es: nichts wie los und hoffen, dass es zeitlich doch noch reicht. Kurz vor dem Hafengelände trafen wir zum ersten Mal auf Boris. Mit ihm fuhren wir zu einem riesigen Frachtgelände, wo all die Container abgefertigt und Transportpapiere ausgestellt werden. Aufgrund der Unruhen in Colon waren überall schwer bewaffnete Polizisten zu sehen. Für uns hiess es aber in erster Linie warten bis die Zollbeamten zur Arbeit erschienen. Wegen den Unruhen in Colon war jedoch die für uns zuständige Person nicht aufgetaucht. Hektik brach aus. Gut, dass wir einen Agenten dabei hatten, der die Leute persönlich kannte. Respektive sein Vater, der übrigens auch Boris heisst. Kaum war dies geklärt, tauchte auch schon das nächste Problem auf. Auf unserem TIP war nur der Name von Mathias aufgeführt. Im Dokument für den Hafen von Cartagena war jedoch der Name von Marc vermerkt. Und wieder sah es für uns schlecht aus. Doch Boris zog alle Register. Die Zollbeamtin telefonierte - völlig aufgelöst (nur gespielt) - mit dem Grenzzoll, wo wir das Dokument bei der Einreise nach Panama ausgestellt bekamen und bat diesen, das TIP neu auszustellen. Kurz nach Mittag erhielten wir die neuen Papiere und konnten endlich zum Hafen fahren, wo die Dokumente ein letztes mal überprüft und das Fahrzeug intensiv samt Spürhund durchsucht und schliesslich den Hafenmitarbeitern übergeben wurde. Unser Weg führte anschliessend zurück ins Büro von Boris, wo wir noch den fälligen Betrag begleichen mussten. Geschafft!

Wegen den Unruhen in Colon waren jedoch alle Buslinien nach Panama City ausgefallen. Da Marc jedoch am Mittwochmorgen definitiv für seinen Spitaltermin zurück in Panama City sein musste, blieb uns schlicht nichts anderes übrig als mit einem Taxi nach Panama City zurück zu fahren. Vater Boris unterstütze uns freundlicherweise dabei einen "seriösen" Taxifahrer zu erwischen. Was gar nicht so einfach war. Wegen den ausgefallenen Buslinien sind natürlich auch die Taxipreise ins Unermessliche gestiegen (Angebot und Nachfrage eben).
Aber wir haben es dank einer guten Portion Geduld und Flexibiltät doch noch zurück nach Panama City geschafft und sind am Donnerstagmorgen wie geplant nach Bogota geflogen, wo wir nun einige Tage verbringen werden bevor wir dann am Montag nach Cartagena reisen um unseren geliebten Van in Empfang zu nehmen.